Samstag, 28. Februar 2015

Tablets statt Bücher

Tablets statt Bücher – will man schnell nachsehen, ob es nun »statt Bücher« oder »Büchern« heißen muss, so hilft’s Internet: http://www.duden.de/rechtschreibung/statt_anstelle. Das Beispiel kann man sich ruck-zuck rauskopieren: »Statt Worten will ich Taten sehen«. Ruck-zuck = copy-paste. Ich schreib’s trotzdem falsch, oder?
   Mit einem Buch, oder mehreren, oder ganz vielen geht das nicht. Erstens hat das Bücherregal kein Google. (Nichtmal DVDs findet man wieder, es sei denn, man hätte Ordnung.)
   Also Elektronik in die Schule! Tablets für alle!
Das haben sich schon andere gedacht, längst.
   März 2012: »Die Tabletklasse wird aus organisatorischen Gründen in der 8. Jahrgangsstufe eingerichtet und mindestens bis zum Ende der 9. Klasse weitergeführt.« – am Chiemgaugymnasium Traunstein, hier die Dokumentation, sogar mit detaillierten Richtlinien auf Seite 3. Die Elterm müssen das Tablet zahlen: »Wir beabsichtigen, iPads der Firma Apple anzuschaffen«.
GTR mit CAS (Wikipedia)
   Dafür fallen die obligatorischen »grafikfähigen« Taschenrechner weg, die in NRW umstritten sind, hier ein Artikel aus der Welt von Januar 2014: »Die 14-jährige Carla geht in die 9. Klasse des Düsseldorfer Marie-Curie-Gymnasiums und braucht spätestens zum neuen Schuljahr einen grafikfähigen Taschenrechner. Denn ein Runderlass des Schulministeriums sieht vor, dass mit Beginn des Schuljahrs 2014/15 jeder Schüler in NRW ab Klasse 10 einen solchen Taschenrechner besitzen muss«.
   In Baden-Württemberg sollen Taschenrechner schon wieder als technisch überholt abgeschafft werden. In NRW gibt’s ausführliche ministerielle Regeln für »CAS/GTR« etwa auf beruflichen Gymnasien – der Begriff scheint den Ministerialen so gängig zu sein wie LKW, wird also nicht einmal erklärt. Dazu muss man wieder einmal googeln und wird – wieder bei Wikipedia – fündig: »Derzeit (Stand Februar 2015) besteht in Nordrhein-Westfalen seit dem Ergänzungserlass vom 10. April 2014 die paradoxe Situation, dass unter den im Ergänzungserlass genannten Bedingungen in der gymnasialen Oberstufe Tablets mit CAS-Software an Schulen erlaubt sind, aber Tablets, die dem klassischen GTR entsprechen, nicht zugelassen sind. An Weiterbildungs- und Berufskollegs sind Tablets sowohl mit CAS- als auch mit GTR-Software erlaubt, sofern die Bestimmungen des Ergänzungserlasses eingehalten werden.« – Auflösung: CAS steht für Computer-Algebra-System.
   Wer wollte das so genau wissen. Bei uns gibt’s eine sog. Handyregelung, auf der Website unter »Informationen« hier: »Im Unterricht sind alle Mobilfunkgeräte und elektronischen Speichermedien vollständig ausgeschaltet. In den Pausen sind sie erlaubt«. – Tablets sind mitgemeint unter »elektronischen Speichermedien«. Tablets? Alles aus!
Klassisches »Speichermedium« Kernspeicher, wunderschön, aber überholt.  Bild Wikipedia. *)
Der Deutschlandfunk zum Thema (auch zum Hören), Dezember 2014.»Unsere Erfahrung ist, dass es ein Akzeptanzproblem gibt für digitale Medien überhaupt«, » … Problemgruppen, was Digitalisierung oder digitale Bildung in Deutschland ausbremst. Da ist zum einen die Politik. Da gibt es wenig Entscheidungswillen und Entscheidungsmut. Im Moment ist aus unserer Sicht das Problem die Politik, falsche Entscheidungen oder kein Mut, überhaupt was zu entscheiden, und die Lehrmittel-Lieferanten«.

Link hierher: http://beetgymblog.blogspot.com/2015/02/tablets-statt-bucher.html

*) Das Fädeln der Drähte durch die Ferritkerne war Handarbeit, wie ich’s noch gesehen hab’. Es gab Vier- und Dreidrahtsysteme. »[The] 3D, Three-Wire Configuration … is identical to the 3D, fourwire approach except for the fact that a single wire is routed through the core array in such a way that it may be time-shared to provide both sense and inhibit functions.«

Donnerstag, 26. Februar 2015

Versetzungsrechnen

Für alle Fälle hat uns unser Klassenlehrer die Notenmathematik, die Zensuren-Algebra – halt die Regeln für eine Versetzung erklärt.

1. Eltern werden durch »blaue Briefe« vorgewarnt, wenn die Versetzung gefährdet ist. Sollte der Schüler dann trotzdem unerwartet in einem Fach versagen, wird er aus Kulanz hoffnungsvoll versetzt.
   In unserem Schulgesetz steht dazu, § 50 (4):
   »Hat die Schule die Eltern nicht benachrichtigt, so kann daraus kein Anspruch auf Versetzung hergeleitet werden. Unterbleibt die Benachrichtigung, obwohl ein Fach oder mehrere Fächer hätten abgemahnt werden müssen, werden Minderleistungen in einem Fach bei der Versetzungsentscheidung nicht berücksichtigt.« (Hervorhebungen durch mich.) Das spart also höchstens die Nachprüfung, siehe Fall 4445 unten.

2. Bei den Noten muss zwischen Haupt- und Nebenfächern unterschieden werden. Fünfer in Nebenfächern dürfen einfach nicht vorkommen, meint unser Klassenlehrer, so etwas ist »eine Frechheit«, ein Affront.
   Also reden wir konkret nur über Fünfer in den Hauptfächern (»Fächergruppe I«), bei uns Deutsch, Mathematik, Englisch und Latein. Ich konkretisiere das einmal z. B. für unsere achte Klasse – immer unter der Annahme, dass kein Nebenfach eine Fünf hat:
 
Deutsch, Mathe,  Englisch, Latein
   bedeutet:
lauter Vierer oder besser   
 4 4 4 4
versetzt
ein Fünfer
 4 4 4 5
Nachprüfung
ein Fünfer mit Ausgleich
 3 4 4 5
versetzt
zwei oder mehr Fünfer
 4 4 5 5
nicht versetzt
zwei Fünfer mit Ausgleich
 3 4 5 5
Nachprüfung

– Hat man keine Fünfer, kommt man durch (4444).
– Hat man drei Fünfer (»mangelhaft«), so muss man wiederholen. Keine Versetzung.
– Schon zwei Fünfer sind ohne Ausgleich hoffnungslos.
Zwei Fünfer und zum Ausgleich mindestens eine Drei: Nachprüfung.
– Hat man »nur« einen Fünfer, so fällt man durch, bekommt aber die Chance einer Nachprüfung.
– Hat man zum Ausgleich mindestens eine Drei in einem Hauptfach, so gleicht sich eine Fünf aus, und man fällt nicht durch.
   Taktik: In ziemlich hoffnungslosen Fällen empfiehlt es sich zuweilen, nicht das Fünfer-Fach auf Vier zu heben, sondern ein oder zwei sichere, relativ gute Ausgleichsfächer anzustreben: Arbeit am Besseren statt Bohren im Hoffnungslosen ist motivierender. (Obwohl ich persönlich mein »großes Latinum« dem häuslichen Wunsch verdanke: »Eine Fünf im Zeugnis, das kommt bei uns nicht vor, du machst freiwillig noch ein Jahr weiter!«)
   Hier amtlich zum Nachlesen, mit dieser ausführlichen Tabelle:

Ich hoffe, sie brauchen nie diese angewandte »Mathematik«! S. e. e. o.

Link zu diesem Eintrag: http://beetgymblog.blogspot.com/2015/02/versetzungsrechnen.html

Sonntag, 1. Februar 2015

Motivieren, Mahnen, Muntermachen

»Kopfrechnen in der Ratschinski-Schule«
Nikolay Bogdanov-Belsky, Ölgemälde 1895
Hier bin ich wieder, mit einem alten Bild von russischen Rechnern …
   Zur Sache. Recht populär war dieser Blog nicht, eher ein Schuss in den Ofen. Eine direkte Reaktion gab’s, freimütig und offen: »Angeschaut habe ich mir das schon, kann aber ehrlich gesagt damit nichts anfangen oder damit umgehen.« Nun, wir werden weiter­sehen. Inzwischen hat’s ja Zwi­schen­zeug­nisse gegeben; ich hoffe, es muss sich niemand Sorgen machen.
   Jetzt aber zu ein paar Nachgedanken allgemein schulischer Natur, die na­tür­lich nicht eins zu eins auf die Situation in einer konkreten Schule zutreffen. Wie sagt der Ro­man­cier? »Die Per­so­nen und die Handlung des Films sind frei erfunden. Etwaige Ähnlichkeiten mit tatsächlichen Begebenheiten oder lebenden oder verstorbenen Personen wären rein zufällig.«
   Dennoch mag’s als Hin­ter­grund­in­for­ma­tion, ja als Binsenwahrheit nützlich sein, dass man um Lehrer nicht herum­kommt. Lehrerschelte, Schimpfen helfen nicht. Höchstens Motivieren – was nach hunderten von erlittenen »Reformen« in der Schule wohl nötig sein mag.
   Hier zwei deutliche Artikel zum Thema:
• Christian Füller, FAZ, »Beamtete Lehrer. Gescheitert, aber unkündbar«, 10. 2. 2014
• Joachim Güntner, NZZ, »Unfähige Lehrer verhindern. Das Recht kennt keinen Trottelparagraphen.« 24. 6. 2014

Fazit: Bei Schwierigkeiten mit dem Kind arbeiten! Die Schule vergessen. Non scholæ, sed … – Jedenfalls meine persönliche Meinung. fj