Dienstag, 9. Juni 2015

Cosinussatz

In der siebten Klasse geht es schon einmal um kongruente Dreiecke. Die sind sich in Form und Größe gleich, dürfen aber gespiegelt werden, sogar punktgespiegelt, und bleiben doch noch »kongruent«. Sind sie bloß formgleich, aber größer oder kleiner, so sind sie nicht mehr kongruent. Na schön!
   Neben allerlei Aufgaben sah ich im Mathebuch diese: Wie lang muss ein Tunnel durch den Berg sein, wenn man an einem vom einen Eingang 7,8 km entfernten und vom anderen 4,9 km entfernten Messpunkt zwischen beiden Richtungen einen Winkel von 78° misst? »Berechne« die Länge des Tunnels (österr. früher: »Tunells«). [Ich kopiere da noch heraus.]
   Wir haben das dann proportional aufgezeichnet, Maßstab 1 cm = 1 km, und die dritte Seite – die Tunelllänge – als etwa 7,8 km abgegriffen. Aber berechnet? Ja, wenn’s ein rechter Winkel gewesen wäre, dann hätte ich schnell den Pythagoras ausgegraben, obwohl sie den noch nicht hatten. Aber bei 78°? Ich vermutete Winkelfunktionen, ließ mir das aber nicht anmerken. Wir haben uns vertagt.
   Zuhause bin ich auf www.Mathepower.com gegangen, da konnte man die Daten eingeben, und schwupp kam die Antwort: 7,172 km. Falsch, weil ich den Zwischenwinkel als α eingegeben hatte, statt als γ. Klarer war das bei Dreieckberechnen.De, einer schlechten Übersetzung aus dem Triangle Calculator. (Vorsichtshalber habe ich weder ein Dezimalkomma, noch einen -punkt eingegeben, sondern gleich 78 und 49 kommalos präsentiert, auch ohne km.) Ergebnis: 8,34.
   Freundlicherweise war noch die Formel angegeben, in dem Fall der Cosinussatz:

c² = a² + b² - 2 a b cos γ
γ ist dabei der Winkel zwischen den beiden angegebenen Dreiecksseiten a und b.

Das kann man nun mit jedem besseren Taschenrechner ausrechnen. Ich bekam 8,29 heraus. Gut genug.

Jetzt meine Frage: Wenn man sich wie ich hier des Cosinussatzes bedient, den man ungeprüft wo her hat, dann könnte man genauso den ebenfalls persönlich ungeprüften Dreiecksrechner nehmen. Warum lernen später die Zehntklässler den Cosinussatz, ich nehme an, auswendig?

\cos (x) = \sum_{n=0}^\infty (-1)^n\frac{x^{2n}}{(2n)!} = \frac{x^0}{0!}-\frac{x^2}{2!}+\frac{x^4}{4!}\mp\dotsb

(Taylorreihe aus der Wikipedia) Wie man den Cosinus berechnet, wird das (wie hier) gezeigt? Dann kan man’s doch gleich sein lassen und den Dreiecksrechner einsetzen, oder? Wie tief soll’s denn sein, das Wissen heute?